Elfie Kapeller
GloNeo, Juni 2005

Titel: "Die beste aller möglichen Welten?" Innere Verletzungen. Das System bedroht sich selbst.
Technik:
Installation
Vier Wasserbälle aus dem 75-Cent-Shop, lackierte Holzspieße, Plastikschlauch, Sand, mit Öl transparent gemachte Löschblätter, Skizzenbuch, Lippenkonturstift, Farbstift.


Beschreibung:
Kurz skizziert aus meinem Sketchbook:
Dritte Welt, Alte Welt, Neue Welt.
Die gegenwärtige Welt, die zukünftige Welt. Wie viele Welten gibt es, die da auf existentielle Weise voneinander abhängig sind, so als wären sie mit einer Nabelschnur verbunden? Die Erde als Spielball der Naturgewalten, der wechselseitigen Machtinteressen, der autoritären politischen Systeme (Ein wunderschönes Bild: Der mit dem Globus ballspielende Hynkel in Charles Chaplins "Der große Diktator"). Die Erde mit Füßen getreten, vom Turbokapitalismus ausgebeutet, ausgeschlachtet, ausgesaugt, verschmutzt, bedroht in ihren lebenserhaltenden Systemen.
Jaja, wir wissen eh alle, dass das System Gaga ist, wir im einzelnen aber alle gut. Wer aber kauft eigentlich den ganzen Schrott, der auf Kosten der Menschen in Billiglohnländern unter elenden Arbeitsbedingungen vielleicht auch noch mit Kinderarbeit unter Verschwendung wertvoller Rohstoffe erzeugt wird, wobei der Arbeiter am anderen Ende der Welt gegen den hier vor Ort ausgespielt wird? Ja, genau! Ich hab z. B. vier Wasserbälle und Schaschlik-Spieße aus dem 75-Cent-Shop gekauft, weil sie so hübsch rosa und glänzend und so billig waren. - Und Sie?
Was ist das überhaupt - Globalisierung? Heißt das womöglich dass, wenn ich eine Ameise in Hallein totmache, sich das allen Ameisen auf der ganzen Welt auf geheimnisvolle Weise mitteilt und sie mich im nächsten Urlaub aus Rache mit ihren Säureattentaten piesacken werden? Und weiter: Daß ich alle Ameisen auf der ganzen Welt totmachen müsste, um endlich Ruhe zu haben vor den kleinen wuseligen Biestern, die so unfein reagieren, wenn man sie versehentlich quetscht?

Schon seit einiger Zeit keimt in mir der Verdacht, dass alle Dinge auf magische Weise miteinander zusammenhängen könnten - auch die ganz kleinen mit den ganz großen. Seit ich "Solaris" gesehen habe - einen Film von Andrei Tarkowski nach einem Buch von Stanislaw Lem - drängt sich mir allmählich der Gedanke auf, dass alles so sein könnte wie das Meer auf dem fremden Planeten, das wie eine mimetische Masse jede Gestalt annehmen und jede Information speichern kann. Was bedeutet das, umgelegt auf irdische Verhältnisse? Das heißt: Ich bin du und du bist ich. Wir sind aus dem gleichen Stoff entstanden und kehren zum gleichen Stoff zurück. Nachdem es fraglich ist, ob das Phänomen Zeit überhaupt existiert, zumindest so, wie wir es zu verstehen glauben - könnte es ja sein, dass der champagnerschlürfende und hummerfressende General-Manager des großen Erdölkonzerns gleichzeitig in anderer Ausformung als armer einbeiniger Neger mit magerem weißem Hund in einem afrikanischen Kral existiert (nur um noch einmal ausgiebig alle Klischees zu bedienen). Was dann???
Fest steht jedenfalls, dass uns allen gleichzeitig die Luft ausgehen wird.
 

Allgemeines zu meiner Arbeit
 
"Trash" - Die Ästhetik des Abfalls und die Poesie des Alltäglichen.

Seit Herbst 2003 verarbeite ich Fundstücke, die ich auf meinen Streifzügen durch Hallein und seine Umgebung aufsammle, Billigwaren aus dem 75-Cent-Shop oder vom Flohmarkt und Abfallmaterialien zu fragilen/vergänglichen Objekten, die vor allem die Poesie des Alltäglichen zum Thema haben. Meine kurzen, antimonumentalen Statements sind aber nur im weitesten Sinn Müllkunst (Kunstforum Jän./Feb. 2004).
Ein anderer Aspekt meiner Arbeit ist, dass ich sozusagen Gegenstände vermenschliche, d.h., ich porträtiere Menschliches in den Gegenständen, statt gegenständliche Porträts von Menschen anzufertigen. Zitate von Kunstwerken, die bereits Kunst-Geschichte geworden sind, Textstellen/Titel aus/von Büchern, Filmen oder Liedern, werden ebenso als Vorgefundenes vereinnahmt und verarbeitet wie Buchstaben aus einem Kalender oder die in der Volksschule erlernte Handschrift, die nicht meine eigene ist, die ich aber für Beschriftungen verwende, mit der Absicht, das Gesagte zu objektivieren.
Archetypische Vorstellungen, wie sie in Märchen oder Mythen, aber auch in Filmen und zeitgenössischer Literatur transportiert werden, fließen durch die assoziative Titelgebung ein in die einfache Symbolsprache meiner Arbeiten, die in ihrer Variabilität gut geeignet ist, nicht nur kurze Aussagen voll subtiler Komik, sondern auch komplexere Inhalte zu formulieren.
Da der Materialwert meiner Objekte gleich Null ist (was bei Bildhauerarbeiten ja nicht immer der Fall ist) und ich momentan darauf verzichte, manuelle Geschicklichkeit oder technische Raffinesse zu demonstrieren, lenke ich die Aufmerksamkeit auf die (für mich zur Zeit zentrale) Frage: Welchen Wert haben Ideen?

 

Bio:
geb. in Braunau/OÖ.
Hochschule Mozarteum (Bildhauerei, Textiles Gestalten)
Diplomstudium, Doktoratsstudium Kunstgeschichte Universität Wien
Ich lebe und arbeite seit 2003 freischaffend in Hallein bei Salzburg (Objekte, Installationen)

Ausstellungsbeteiligungen:
1984 Schlußausstellung Schule des Sehens , Tuscania, Italien
1985 Kulturhaus Weiz/Stmk
1985, 86 Jahresausstellungen Tennengauer Kunstkreis
2003 Jahresausstellung Salzburger Kunstverein Prototypen

Einzelausstellungen:
2004 Galerie im Alcatraz, Int. Sommerakademie, Alte Saline, Hallein
21. und 22. Mai 2005: Offene Ateliers in Stadt und Land Salzburg
(Atelierführer)
Juni 2005: Galerie Einblick