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Lili Fullerton-Schnell Obwohl die Situation prekär ist, ist sie (die Gesamtform) „noch einmal davongekommen“ (s. d. Thornton Wilder: Wir sind noch einmal davongekommen). Man kann es Glück bzw. Zufallsglück nennen. Lebenslauf „Glück ist planbar“ – so lautet das Versprechen des Möbelhauses von nebenan. Dass das zumeist nicht so ist, wissen wir. Trotzdem gehe ich den Verheißungen der Glücksindustrie immer wieder auf den Leim und beteilige mich wider besseres Wissen an der Jagd nach dem großen und kleinen Glück. Glücklicherweise ist das Glück „ein Vogerl“, das mir hin und wieder beim künstlerischen Tun - wenn es mich, pathetisch gesprochen, in einen Zustand der Selbstvergessenheit und Hingabe treibt – begegnet. Und manchmal stellt sich dann das Zufallsglück ein, das mich – überraschend und quasi als Geschenk auftretend – besonders bewegt und um das es mir nun hier geht. Zur Verdeutlichung will ich 2 Beispiele anführen. Vor Jahren hatte ich einen üblen Fahrradunfall – mein linker Oberschenkel bohrte sich geradezu bei einem Sturz in den Asphalt. Dass der gesamte Oberkörper durch zarte Oberschenkelhalsknochen getragen wird, kam mir so ins Bewusstsein. Wieder genesen, wollte ich mich dem plastisch nähern, gestaltete eine „Säule“ aus Hasendraht und formte mit Papiermaché weiter. Am Ende musste ich jedoch feststellen, dass die Bruchstelle – und somit die gesamte Arbeit – formal nicht funktionierte. Nach ein paar Tagen entdeckte ich dann das „geglückte Unglück“ – die Säule war wegen der Schwere des nassen Papiers zusammengesackt und die Knickstelle aber hatte sich in einer überzeugenden Weise „geformt“. Die 2. Geschichte betrifft einen Kopf, den ich mit Ton, Stroh und Erde, ziemlich voluminös, gestaltete. Weil noch einige Abschlussarbeiten zu machen waren und ich wieder einmal wegen Unterrichts in der Schule unterbrechen musste, blieb der Kopf, gehüllt in eine Plastikfolie, 2 Wochen sich selbst überlassen. Zurück in der Bildhauerklasse erfasste mich ein erster Schrecken. In giftig grüner Farbe leuchtete mir meine mühsam geformte Arbeit entgegen. Ein/e Kollege/in hatte ungeschickt mit Farbe hantiert, der Kopf durch Acrylfarbe ruiniert! Tatsächlich jedoch hat der Kopf sein Innenleben nach außen gekehrt: Durch die Treibhausatmosphäre war helles grünes Gras gewachsen, das nun den gesamten Kopf überwucherte. Eine Metamorphose, die mich staunen machte und beglückte. Zum Anfang zurück: Künstlerisches Arbeiten beruht meines Erachtens auch auf Zufall, der schließlich den glücklichen Ausgang ermöglicht. Natürlich muss man dem Zufallsglück dabei auf die Sprünge helfen, indem man sich überhaupt den Mühen der Planung, der Spannung – trägt die Idee? – und dem möglichen Scheitern aussetzt.
Lili Fullerton-Schnell |